16.01.2006

Närrisch und narrisch
Schirmherren: Fahnenhissung am Saimarktsänger-Hauptquartier – In der Zielgeraden vor dem Umzug am 26. Februar

 HEPPENHEIM. Frau Zugmarschall aus Ober-Laudenbach, die Schirmherren aus Kirschhausen. Hepprums Fastnacht scheint fest in Stadtteil-Hand zu sein. Wenn das weiter einreißt, dann marschiert der auf den 26. Februar terminierte Gaudiwurm 2006 am Schluss noch durch ein weiteres „Küchendorf“, womöglich gar durch die „City“ des idyllisch gelegenen Weilers Igelsbach. Statt Eis am Stiel und Woi von den Hängen des Schloss- oder Maibergs könnte es dort als gar nicht so übles Äquivalent immerhin Obstler, Ebblwoi und Handkäse geben; letzteren wahlweise mit oder ohne Musik. Närrisch wär´s auf jeden Fall. Und narrisch obendrein.

Barbara Schaab, eine Art Oberbefehlshaberin über Heppenheims Narrenheer, kündigte am Wochenende schon mal an, dass die Kreisstadt unter gegenwärtiger Konstellation durchaus Gefahr laufe, von ihren Satelliten eingemeindet zu werden: „Vielleicht läuft dann einiges besser.“ Spätestens nach der für diese Woche anberaumten Schlüsselübergabe im Rathaus werden die Karten neu gemischt: Herbert raus, Prinz Karneval rein. Wie ein solcher Machtwechsel funktionieren könnte, wurde am Samstag bei der Fahnenhissung vor dem Schirmherren-Hauptquartier eindrucksvoll in Szene gesetzt. Elfdorf, einstmals Vierdorf, ließ grüßen.

Die Glocken von Sankt Bartholomäus hatten gerade zweimal gebimmelt und gebammelt, als sich um zwo-Uhr-elf unter Vorantritt des Kirschhäuser Spielmannszuges ein kleiner Fastnachtsumzug vom Mittel- ins Oberdorf in Bewegung setzte. Den durch eine feste Schneedecke ziemlich rutschigen Sammelpunkt wollte Franz Rothermel, in persona „Owwermadschores“ der Saimarktsänger-Schirmherren, überhaupt nicht als schlechtes Omen verstanden wissen. „Wir führen“, ließ er den naseweisen Zeitungsfritzen wissen, „niemanden aufs Glatteis. Niemals“.

Ach ja, die Presse: die liegt bei Hepprums Narrenzunft schwer im Salz, nachdem sich irgend so ein Darmstädter Heiner erdreistet hatte, im jüngsten „ECHO-Thema“ die Bergsträßer Fastnachtsaktivitäten glatt zu unterschlagen. Gemach, gemach: alles Taktik! Klar doch, dass dieser einen Sonderseite noch eine ganz spezielle über die Fastnacht zwischen Weschnitz und der Heppenheimer Flusslandschaft Er-, Ham- und Stadtbach folgen wird; sozusagen eine Sondersonderseite.

Wäre ja auch gelacht: So schwungvoll wie die in der Schirmherren-Schaltzentrale Branackerweg 2 versammelte Narrengilde das vierfarbbunte Tuch hochzog, so schwungvoll stellt man sich eine unter dem Patronat von Jokus stehende Fahnenhissung vor. Allen voran natürlich Barbara Schaab, die – nomen est omen – (zug-)marschallplanmäßig den Gabelstapler betreten hatte, um dann von „oben herab“ kund und zu wissen zu tun, dass die Tollen Tage in nicht mehr allzu weiter Ferne liegen: Helau, helau, helau!

Schaabs Nebenmann, namentlich Rothermels Franzel, machte derweil – quasi als Hausherr – die große Schar eingefleischter Fastnachtsnasen mit der Örtlichkeit vertraut: „Wu friejer als Ochs und Kuh g´stoanne, sin mer jetzt in-rer scheene Runde zusoamme.“ Und: „Moin Baba, halli un hallo, hot gsoad: Sou veel Rindviecher wie hait war´n selbschd friejer net do.“ Fastnacht ist bekanntlich dann am schönsten, wenn sich Narren selbst aufs Ärmchen nehmen. Weshalb das Ding mit den Rindviechern nicht näher erläutert zu werden braucht.

Tierisch zu ging´s aber trotzdem, besonders tierisch kalt. Die auf unter Null abgesackten Temperaturen konnten das kunterbunt zusammengewürfelte und leicht bibbernde Völkchen aber nicht aus der Fassung bringen. Groll auf den Wettermacher verspürte niemand. Im Gegenteil: Petrus erwies sich unterm Strich doch noch als echter Fassebutz und ließ – Minusgrade hin, Minusgrade her – vom klaren Kirschhäuser Himmel herab die Sonne scheinen. Frau Zugmarschall Barbara: „Ein solches Wetter würde ich mir für den Umzug wünschen.“ Sprach´s und schlürfte am heißen Apfelwein, den die Saimarktsänger in weiser Voraussicht aufgestellt hatten. Mit der Fahnenhissung nahmen die Narren eine der letzten Kurven vor dem Großereignis am 26. Februar. Dem Einkehrschwung in die Gerade wohnte viel närrische Prominenz bei, allen voran Barbara Schaab, die „Änschie“ des (närrischen) Hepprumer Kabinetts, sowie die Saimarktsänger. Gesanglich und musikalisch wird die Gruppe in den kommenden Wochen bei vielen Sitzungen ihre Botschaft verkünden, die da heißt: „Alles singt und alles lacht, Hepprum feiert Fassenacht.“