27.02.2006

Steilpass für die Fastnacht


Umzug: Fußball-WM prägt die Motive in Heppenheim – Kalt, aber herzlich leer

 

HEPPENHEIM. Erst Schneesturm, dann Konfettiregen – gestern war alles geboten, beim Fastnachtsumzug, der trotz Eiseskälte die Narren nach Heppenheim zog. Unter dem Motto „Im ersten Jahr führt Barbara mit de Saimarktsänger die Narrenschar“ wälzte sich der vierfarbbunte Gaudiwurm durch die Straßen und bot allerhand Unterhaltsames. Während die kleinen Fassebuzze sich eifrig um Gutsel, Gummibärchen und Eis balgten – letzteres mundet Hartgesottenen übrigens auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt –, amüsierten sich die Großen über fantasievolle Motivwagen und Fußgruppen.

Gleich zu Beginn konnten die Hepprumer erleichtert aufatmen, scheinen doch neue Pächter für den „Halben Mond“ gefunden zu sein: Doris Wegmann hatte eine Reihe Narren zusammengetrommelt, die als prächtig gedeckte Tische marschierten. Vielleicht sollten die Stadtoberen dies als Bewerbung ernst nehmen.

Auch die Sieben Zwerge waren mit von der Partie. Doch statt der bekannten Namen aus der Disney-Verfilmung hießen sie Hartz IV-Zwerg oder Euro-Zwerg.

Im rosa (Pappmaché-) Cadillac fuhr die neue Frau Zugmarschall vor: Barbara Schaab winkte würdevoll ins Volk herab und stieg am Kleinen Markt vom Wagen, um dort auf der Bühne gemeinsam mit den Schirmherren – den Kerschhaiser Saimarktsängern – ihre Qualitäten als Alleinunterhalterin in die Waagschale zu werfen.

Ganz besonders viel närrisches Volk auf den Weg geschickt hat in diesem Jahr der Stadtteil Kirschhausen. Hatten die Schirmherren dort schließlich ein Heimspiel und ganz besonders die Werbetrommel gerührt. Da gab es Kerschhaiser Hinkel zu sehen, die jeder Vogelgrippe trotzen, wandelnde Apfelbäume, rosa Schweinchen, und der SV Kirschhausen freute sich darüber, dass der Kunstrasenplatz 2006 nur eine Vorstufe zur Sießäppel-Arena 2016 ist.

Überhaupt Fußball: Die WM im eigenen Land war einer der Schlager. Ob TV Sonderbach, Hambach, Veggelsbecher, Langnese, Sportfreunde oder Starkenburgia – für sie ist das Fußball-Großereignis schon jetzt lebensbestimmend. Viele der Zigtausend Zuschauer liefen schwarz-rot-gold gewandet umher. Praktischer Nebeneffekt: Das närrische Gewand kann im Sommer wieder getragen werden.

Dass der närrische Nachwuchs nicht fehlt, ist ein Verdienst der Fasnachtsgesellschaft Bottschlorum: Fassebutze aller Altersklassen marschierten fröhlich mit.

Die Erbacher nahmen sich selbst aufs Korn und inszenierten einen Almabtrieb. Schon von weitem sah man Palmen und Sphinx, die den Wagen der Hambacher Fastnacht „Habafa“ schmückten. Einer der Hingucker war sicherlich King Kong. Mit einer Barbie-Puppe in der Hand schwebte er dem Motivwagen von Axel Möller voran, von dem büschelweise Bananen in die Menge flogen. Die Bergsträßer Bowhunter hätten ihre Freude, wenn solch ein Riesenaffe ihnen einmal vor Pfeil und Bogen geraten würde.

Was wäre ein Umzug ohne Musik? Spielmannszüge der Feuerwehren von der Kernstadt bis Wald-Erlenbach sorgten ebenso für prächtige Stimmung wie die Marktplatzkrabbe, die auch dann die Zuschauer bei Laune hielten, wenn der Zug mal ins Stocken geriet.

Und dann waren da noch die vielen gern gesehenen Gäste aus der Nachbarschaft: Lorsch und Bensheim hatten ebenso ihre närrischen Botschafter gesandt wie Hüttenfeld, Bickenbach, Darmstadt und Dilsberg. Rotnasig – sei’s durch Frost, Schnaps oder Schminke – feierten die Narren in Heppenheim noch bis spät in Nacht.